I Dreamt of You so Much That… / Before the end

Vorstellungskraft bildet die stärksten Brücken zwischen zwei entfernten Welten: Reale und imaginierte Begegnungen fließen ineinander und bilden einen Teppich aus Texten, Klängen, Strukturen und Begegnungen, die uns eine komplexe Idee von Heimat vermitteln. Ganz persönliche Momente und biografische Erfahrungen der Künstler vermischen sich mit unserem Blick auf Beziehungsstrukturen und deren ambivalente Deutungsmöglichkeiten.

 

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  • Kunstkraftwerk
  • Rumänisches Kulturinstitut Berlin
  • prohelvetia
  • iaspis

I Dreamt of You so Much That… / Before the end

I dreamt so Much of you that...
In seinem aufwühlenden Gedicht von 1926 “J’ai tant rêvé de toi (J’ai tant rêvé de toi que tu perds ta réalité)“ beklagt Robert Desnos die Unmöglichkeit wahrer Liebe zu einer jungen Frau, die er in seinen Träumen für sich gewinnen will. Desnos verharrt in einem Zustand der Sehnsucht, verloren zwischen Realität und dem idealisierten – körperlich-sinnlichen wie immateriellen – Bild, das er sich von ihr geschaffen hat. Er flüchtet sich in seine Träume, in jenen Bereich, wo er noch bei ihr sein kann. Seine Geliebte entfernt sich dabei immer mehr von der Wirklichkeit. Die Hoffnung auf echte Verbindung/Vereinigung ist somit hinfällig. Die beiden Verliebten haben nicht mehr als Schattenbilder voneinander, die nur in ihrer Einbildung existieren. In diesem dritten Raum – oder Heterotopie, wo Realität und Fantasie sich vermischen – haben sie noch die Möglichkeit, ihre unmögliche Liebe zu verwirklichen.

 

Auch in der Arbeit Stefan Constantinescus baut die Vorstellungskraft Brücken zwischen zwei entfernten und disparaten Welten. In seinen drei Filmen (Teile einer zukünftigen Serie aus sieben Kurzfilmen) ist das technologisch aktivierte Vorstellungsvermögen der Charaktere essentiell für die Konflikte und Spannungen, die in ihren heterosexuellen, amourösen Beziehungen aufwallen. Dennoch versteifen sich die Geschichten Constantinescus mit ihren offenen Enden nicht auf die gezeigten Ereignisse; sie legen allgemeine gesellschaftliche Gegebenheiten, Scheinheiligkeiten und Entstellungen offen und zwingen die/den FilmbetrachterIn, sich in den Rollen als ZuschauerIn, aber auch als Beteiligte/r an den alltäglichen menschlichen Dramen zu hinterfragen. Für Jean-Luc Godard war diese Infragestellung sozialer Strukturen ein wesentlicher Aspekt der Politisierung von Filmen oder aber, wie man es heute nennen würde, des "Dritten Kinos". Dies geschehe durch "die Schaffung von Momenten der Offenheit und Unentscheidbarkeit: Momente, die zugleich die strukturellen Prinzipien des Kinos an sich, aber auch den 'Vertrag' zwischen Filmemacher–Gefilmtem–Zuschauer in Frage stellen.“ [http://www.republicart.net]

Neben Filmen zeigt Constantinescu in der Ausstellung auch andere Werke wie "Northern Lights". In diesem Fotoessay/Fototagebuch legt der Künstler ganz private Momente offen – Sehnsüchte und Ängste, die typisch für die Erfahrungen von Immigranten sind. Zu sehen ist auch das Pop-Up-Buch "The Golden Age", in dem der Künstler seine eigene Biographie in Bezug zur Geschichte seines Heimatlandes Rumäniens setzt. Das Buch nimmt immer wieder Bezug auf den privatesten aller Räume – das Schlafzimmer, wo das Wesen von Beziehungen abwechselnd von Konflikt und Intimität dominiert wird, die sich oft auch überschneiden. Auf diese Weise entsteht ein dritter Raum, der öffentlich wie privat ist und zugleich keines von beidem. Wir sind mit den intimsten Enthüllungen des Künstlers konfrontiert; eine Erfahrung, die uns von der bloßen Beobachterin/vom bloßen Beobachter zur Teilnehmerin/zum Teilnehmer, ja sogar zur Teilhaberin/zum Teilhaber am Leben des Künstlers werden lässt. Es lädt uns zum Hinterfragen unserer Rolle als Publikum ein und zum Entdecken neuer Beziehungen zwischen Kunst und unserer Umwelt – ein wesentliches Element des politischen Films und der politischen Kunst von heute.

 

"Before the end" präsentiert unterschiedliche Enden und multiple Finalität. Zu sehen ist beispielsweise eine Installation, die – entlang der Zahlen und Buchstaben im persönlichen Ausgabenheft – aus dem Leben einer Person erzählt; die Einträge enden mit den eigenen Bestattungskosten. Wir finden eine fotografische Reise durch die Leben von zwölf Rumänen, die an der Revolution von 1989 beteiligt waren oder aber ein Filmtagebuch der letzten zwölf Monate eines Kindermädchens.

Daniel Djamo – leidenschaftlicher "Dokumentator", der zudem Mittel und Wege entwickelt, dem "Undokumentierten" Ausdruck zu geben – beleuchtet in seinen Experimenten Themen, die ungewöhnlich für sein Alter sind. Sein Interesse für Erinnerungen, Tagebücher und persönliche Vergangenheiten, die sich durch mikroskopische Einblicke in jedes Kapitel auszeichnen, machen seine Kunst anders; sie ist auf den ersten Blick schwieriger zu erfassen.

Djamo gelingt es, ein mehrdeutiges Universum ("Altiversum") zu schaffen. Dort nimmt der Betrachter entweder die vom Künstler erstellten Wege oder er folgt dem Reiz, sich abweichende, eigene Wege zu schaffen.

 

KUNSTKRAFTWERK ART PROGRAMM

Im Jahr 2014 hat das Kunstkraftwerk sein Kunstprogramm initiiert. Ziel dabei war, international tätige Künstler zu Ausstellungen nach Leipzig einzuladen. Mit der künstlerischen Leitung dieser Ausstellung wurde Frau Candace Goodrich beauftragt.